Menschen in Veränderungen

Was erleben Menschen in Veränderungsprojekten?

24.2.2019 von Silke Krischke

Haben Sie sich diese Frage schon einmal gestellt? Wie ergeht es Ihnen, wenn Sie von einer persönlichen oder beruflichen Veränderung betroffen sind? Welche Gedanken bewegen Sie? Wie fühlen Sie sich in dieser Situation?

Ich erlebe es immer wieder, wenn ich Organisations- und Transformationsprozesse begleite, dass diesen Fragen im Vorfeld keine Aufmerksamkeit geschenkt wird. Der Handlungsdruck ist vorherrschend: „Wir müssen die Veränderung umsetzen, um den Anschluss nicht zu verpassen!“ oder „Die wirtschaftliche Situation und die Marktveränderungen erfordern es!“ – diese und ähnliche Sätze sind weithin hörbar. Und ja, es ist richtig – die Situation erfordert Handeln. Sie erfordert aber auch ein Verständnis für die Menschen, die in diesen organisationalen Systemen von den Veränderungen betroffen sind.

Begeben Sie sich auf eine kleine Reise: Steigen Sie in den Heißluftballon und lassen Sie uns von oben auf Ihre Organisation hinabblicken.

Sehen Sie den Mann dort unten an der Maschine? Seit 35 Jahren arbeitet er im Unternehmen. Er hat hier seine Ausbildung gemacht, kennt jede Schraube an der Anlage und „spürt“ an der Vibration der Maschine, an welcher Stelle ein Problem ist. In all diesen Jahren hat er eine Familie gegründet und ein Haus gebaut. Die Kinder sind mittlerweile verheiratet und aus dem Haus, und er genießt die Zeit mit seiner Frau am Abend. Schon bald wird der erste Enkel das Haus mit seinem Lachen wieder füllen. Auch im Unternehmen hat sich einiges verändert. Wie viele Auszubildende und Kollegen konnten bereits von seinen Erfahrungen lernen. Die technologische Entwicklung und die Digitalisierung machen ihm jedoch Angst. Er ist nicht mehr so schnell im Lernen wie noch vor fünf Jahren. Die Jungen preschen an ihm vorbei auf der Entwicklungsspur. Manchmal hat er den Eindruck, dass das, was er geleistet und aufgebaut hat, nicht mehr gesehen werden will und er an den Rand der Schnellstraße gedrängt wird.

Oder der da drüben: Jung, motiviert, Ende 20. Die Arbeit geht ihm leicht von der Hand. Die Anpassungen am Zerspanungsprogramm für die Produktoptimierung sind zügig umgesetzt, und die Ergebnisse der Gegenmessungen der Musterteile werden direkt vom Messsystem ins CAQ übertragen. Er findet es gut, dass er bei der Einführung des Shop-Floor-Managements eine führende Rolle übernimmt. Und überhaupt – die zunehmende Digitalisierung begeistert ihn. Durch die Vernetzung der Systeme erkennt er sofort, wenn sich Veränderungen im Fertigungsprozess ergeben, die sich auf seine Aufgaben auswirken. Als Mitglied im interdisziplinär zusammengesetzten Projektteam darf er an der strategischen Weiterentwicklung des Technologieportfolios mitwirken. Er möchte lernen und weiterkommen, weshalb er nebenberuflich ein Bachelor-Studium absolviert. Seine Freundin ist gerade für ein Praktikum im Ausland und er freut sich auf die vier Wochen Urlaub mit ihr.

Und wie geht es Ihnen auf unserer Reise im Heißluftballon?

Sie machen sich schon seit längerer Zeit Gedanken, wie Sie die anstehenden Herausforderungen bewältigen werden. Sie haben die Zahlen und Rahmenbedingungen analysiert, unterschiedliche Optionen in Betracht gezogen, Handlungsalternativen gesucht und die eine oder andere Nacht unruhig verbracht. Doch nun sind Sie soweit: Die Verunsicherung ist dem Impuls gewichen, die Veränderung wagen zu wollen. Der Gefühls-Mix zwischen Angst und Zuversicht öffnet sich für das Neue. Die Orientierungslosigkeit macht neuen Denk- und Verhaltensmustern Platz. Sie haben eine Vision, wie der neue Zustand aussieht und sich anfühlt, und Sie kennen den Weg und die nächsten Schritte, um dorthin zu gelangen.

Es bleibt die Frage, wie Sie Ihre Mitarbeiter auf diese Reise mitnehmen

Der Weg führt über Kommunikation – frühzeitig, umfassend, vertrauensvoll. In seinem Transition Model hat William Bridges Aktionen für diese Phase des Übergangs, der „neutralen Zone“ beschrieben:

  • Problematisieren Sie die Plagen – erhöhen Sie das Gefühl, dass Veränderung ‚Not-wendig‘.
  • Rufen Sie ein Ende aus und markieren Sie es – verankern Sie den Status Quo mittels Kommunikation und festem Datum.
  • Gehen Sie auf Kritik und Unbehagen ein – ignorieren Sie niemals Beschwerden und Befürchtungen, sie könnten relevant sein.
  • Ermöglichen Sie die Kommunikation der Beteiligten mit den Entscheidungsträgern – 2-Wege-Kommunikation zwischen Führung und Basis ist wesentlich.
  • Nehmen Sie die kreativen Möglichkeiten der Wüste als neutrale Zone wahr – die Wüste besitzt viel Raum für Möglichkeiten, offene Strukturen, kreatives Denken und Handeln.
  • Widerstehen Sie der Versuchung, voranzueilen und zu überstürzen – Dinge und Menschen in der Übergangsphase brauchen Zeit, sich zu entwickeln.
  • Erkennen Sie die Übergangsphase als etwas Besonderes an – verwechseln Sie sie nicht mit normalen Zeiten; was in der Normalität funktioniert, funktioniert hier nicht unbedingt.

Und dann?

Jeder Mensch braucht seine Zeit und seinen eigenen Umgang mit Veränderungen. Erinnern Sie sich noch an unsere beiden Mitarbeiter? Jeder wird die Unsicherheit und den damit verbundenen Gefühls-Mix anders erleben und diese Phase unterschiedlich lange aushalten müssen. Wenn die Beteiligten jedoch anfangen, die Veränderung zu akzeptieren, wird neue Energie freigesetzt. Sie erkennen den Sinn und Zweck der Veränderung und sind bereit und motiviert dem Plan zu folgen. Die von außen initiierte Veränderung, die William Bridges als „Change“ bezeichnet, wird zur inneren Transformation („Transition“), die sich in den Köpfen der Mitarbeiter vollzieht. Diese innere Transformation ist langsamer, weniger planbar, komplexer und schwerer zu erreichen. Doch nur, wenn sich diese innere Transformation vollziehen kann, werden Veränderungen erfolgreich sein.

(Der Beitrag wurde inspiriert von Quellen des isb Wiesloch.)

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